Ulrike Huber ist Mitgründerin und Geschäftsführerin von 42virtual Business Services GmbH und itonic Agility Advisors. Sie ist Expertin im Projektmanagement und auch im agilen Kontext tätig.

 

Ein gut gefüllter Werkzeugkoffer

Im Gespräch unterstreicht Ulrike Huber mehrfach, dass Projektmanager*innen einen gut gefüllten Werkzeugkoffer benötigen, auf den sie im Bedarfsfall zurückgreifen können. Dieser enthält zum einen traditionelle PM-Werkzeuge, wie eine klassische Stakeholder- oder Risiko-Analyse – sollte aber in der schnelllebigen und unsicheren Arbeitswelt von heute auch Methoden aus dem agilen Arbeiten enthalten. Als Projektmanager*in sollte man hier keine Grenze ziehen, sondern je nach Use-Case die verschiedenen Werkzeuge miteinander kombinieren. Agile PM-Methoden stellen keinen Gegensatz zum traditionellen Projektmanagement dar, sondern haben eigentlich einiges gemeinsam: In beiden Disziplinen gibt es eine Zielorientierung, einen Umgang mit Stakeholdern oder Risiken.

 

Agiles Arbeiten wird oft als Inbegriff für eine moderne Arbeitsweise gesehen. Dabei adressieren agile Prinzipien und Werte nur den Umgang mit der stetig steigenden Komplexität und Ungewissheit. Nennenswert bei den wichtigsten Werten sind Produkt-, Kunden und Werteorientierung im Projekt. Wenn es um die Arbeit im Team geht, stehen vor allem Transparenz, Offenheit und Respekt im Vordergrund. Man arbeitet dann nicht nur Prozesse ab, sondern legt den Fokus auf die Interaktion. Werte und Prinzipien aus dem Agilen Arbeiten wie Transparenz (in der Kommunikation), eine Kundenzentrierung oder Offenheit gegenüber Änderungen lassen sich auch ohne den Einsatz agiler Methoden im traditionellen Projektmanagement anwenden. Auch regelmäßige Feedbackschleifen, wie man sie aus dem agilen Arbeiten kennt, sind mittlerweile gern gesehen im traditionellen Projektmanagement. Anders herum kann man aber natürlich auch im Agilen Arbeiten eine Stakeholder-Analyse oder eine Risiko-Analyse nutzen, um die Projektumwelt besser einzuschätzen.

 

Welche Methode eignet sich nun für welchen Kontext?

Die Herangehensweise in Projekten ist dann je nach Vorgehensweise unterschiedlich: Im agilen Kontext arbeitet man mit viel kürzeren Sequenzen, während man in Projekten versucht, sehr große komplexe Themenstellungen von Beginn an zu konzipieren. Das funktioniert in komplexen Situationen oder Themenbereichen mittlerweile nicht mehr so gut, daher gibt es für diese Problemstellungen agile Methoden. Mit Hilfe dieser Arbeitsweise schafft man einen Rahmen, in dem das Team flexibel auf Änderungen reagieren kann.

Wie aber zuvor schon erwähnt, kommt der Einsatz der Methode immer auf die konkrete Zielsetzung an. Agile Methoden eignen sich beispielsweise hervorragend in Projekten, wo es um Organisationsentwicklung oder –design geht. Man hat dort eine Zielsetzung und vielleicht auch Rahmenbedingungen, aber der Weg zum Ziel kann sehr vielfältig sein. Wenn die Aufgabenstellung klar ist und man mit verschiedenen Expert*innen klare Arbeitspakete abgrenzen kann und man weniger externen Einfluss hat, dann sollte man als Projektleiter*in wohl eher zu einem traditionellen Projektdesign greifen.

Anhand welcher Kriterien kann man nun ausmachen, ob sich agiles Arbeiten oder traditionelles Projektmanagement besser eignet: In diesem Fall ist eine Auftragsklärung notwendig. Man prüft, ob die Aufgabestellung komplex oder „nur“ kompliziert ist. Man sieht sich an unter welchen Rahmenbedingungen man arbeitet. Gibt es fixe Bedingungen, wie rechtliche und organisatorische Aspekte? Wie werden Entscheidungen im Unternehmen getroffen? All diese Aspekte ergeben ein Bild, nach dem man entscheiden kann, wie man arbeiten sollte.

Um all die genannten Entscheidungen korrekt einzuschätzen, empfiehlt es sich eine*n Projektleiter*in mit Agile Leadership-Erfahrung einzusetzen. Diese kann beispielsweise durch eine Agile Leadership Zertifizierung von pma/IPMA® nachgewiesen werden. Agile Teams zeichnen sich zum Beispiel dadurch aus, dass sie stark selbstorganisiert arbeiten und Entscheidungen finden. Es gibt eine positive Fehlerkultur und Transparenz wird als Wert auch ins Unternehmen hinein getragen.

 

Ein Tipp von der Expertin: Lesen Sie sich das Agile Manifest durch und interpretieren Sie es für den eigenen Projektkontext. Viele Verfechter und Verfechterinnen agiler Methoden vergessen nur zu gern, dass dort darauf hingewiesen wird, dass sowohl das planerische Vorgehen (Projektmanagement) als auch die Interaktion und Flexibilität (Agilität) ihren Wert haben. Und: Auch das Mindset sollte einer agilen Arbeitsweise angepasst werden - Änderung sollte immer als etwas Positives angesehen werden. Jetzt in der Podcast-Folge nachhören.

Ing. Alexander Vollnhofer, MSc, cPM

Ing. Alexander Vollnhofer, MSc, cPM leitet die pma Geschäftsstelle. Er hat seine Studienschwerpunkte Projektmanagement, IT und Sozialwissenschaft in Projekten für die öffentliche Verwaltung zum Einsatz gebracht. Besonderes Interesse hat der begeisterte Schifahrer an komplexen Entscheidungsprozessen und am Mentoring junger Projektmanager*innen entwickelt. Alexander Vollnhofer ist seit 2013 pma Mitglied und leitete 2017 die pma young crew, die pma Plattform für Einsteiger*innen im Projektmanagement. Seit 2018 ist er im pma Vorstand und als Geschäftsstellenleiter für pma tätig. Seine Zuständigkeit im Vorstand umfasst die Betreuung von pma young crew Aktivitäten und den Bereich Innovation.


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